Wohin mit dem „Amerikanischen Traum“?

„Vom Tellerwäscher zum Millionär“, der Klassiker unter den modernen Märchen! Obwohl jeder weiß, dass mit Tellerwaschen, gleichgültig wie schnell und gründlich, keine Million in einem Arbeitsleben zu verdienen ist, glauben wohl ebenso viele an diese Chance wie an die Lottomillionen am Wochenende – wider jede Wahrscheinlichkeit!
Aber was ist dran an der Sache?
Die Tellerwascherei kann allenfalls der Einstieg in so eine märchenhafte Bilderbuchkarriere sein! Wie man von dort aus weiterkommt, welche Anstrengungen man z.B. in Sachen Fortbildung unternehmen muss, welche speziellen Kenntnisse man zusätzlich erwerben muss, um beruflich voranzukommen, darüber schweigt sich Amerika aus. Und Statistiken darüber, wie viele es am Ende tatsächlich geschafft haben, sind auch nicht ernsthaft belastbar.
Die Milliardäre dieser Welt würden alle zusammen problemlos in ein kleines rheinhessisches Dorf passen. Würde sich deren Zahl verhundertfachen, könnten sie immer noch gerade einmal eine deutsche Stadt mittlerer Größe bevölkern!
Aber was bedeutet es für die Welt, wenn sich die Zahl der Reichen und Superreichen vervielfachen würde?
Mehr Armut für den Rest der Welt! Wachstum ist endlich, wie wir endlich wissen, seitdem wir begriffen haben, dass uns lediglich eine Welt zur Verfügung steht!
Der „amerikanische Traum“ ist daher auch ein Traum von Kannibalismus, ein Traum davon, an der Spitze der Nahrungskette zu stehen. Leider ist die menschliche Gier dabei erheblich größer als die jeder anderen Spezies; es genügt nicht, alles zu haben, sondern es muss mehrfach und am besten überall verfügbar sein. Die meiste Zeit über ungenutzt und sinnlos, während die Mehrheit ums tägliche überleben kämpft.
Lassen wir diesen gefährlichen Unsinn nicht weiter nach Europa überschwappen!
Die Briten als seine glühendsten Verehrer sind draußen, deshalb sollten wir imstande sein, wieder Werte wie sozialen Frieden und „leben und leben lassen“ in den Vordergrund rücken können. Wohlstand und Sicherheit sind sicherlich erstrebenswert, sinnfreien Luxus und bewachte Wohnbereiche für Superreiche wollen wir dagegen nicht. Beerdigen wir also den amerikanischen Albtraum zunächst einmal in Europa und schauen dann, ob jenseits des Atlantiks sich irgendwann einmal eine bessere Einsicht durchsetzen wird. Die Höhe des Bankguthabens ist jedenfalls nicht der einzige und zuverlässigste Indikator für ein erfolgreiches Leben.

Autor: Roland Hartung